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zu Darina Kmetova „körper der linie“

In einem länglichen rechteckigen Raum, von einem Gewölbe überspannt – gleichsam der White Cube-Version eines kurzen U-Bahn-Tunnel-Teilstücks – lässt Darina Kmetova in ihrer Installation Bewegung einfrieren und Zeit gerinnen, zeigt uns einen kristallisierten Zustand, eine ins Unendliche gehaltene Tanz-Pose, ein Standbild aus einem nie gerehten Film, der wohl die komplexe Rotation von Blättern Papier - einem unbekannten Muster folgend, um eine uns unbekannte Zahl an Zentren kreisend, einer nicht bestimmbaren Mechanik gehorchend – vorführte.
Dieses Bild stellt sein statisches Schauspiel auf einer Bühne dar, die es sich selbst schafft. Und viel spricht dafür, Kmetovas Arbeit unter dramatischen/theatralen Gesichtspunkten zu betrachten. Unzählige Häken in Wand, Boden und Decke sind Anknüpfungspunkte für ein Netz aus feinsten Fäden, das gut zwei Drittel des Raumes durchmisst, ihn so für sich beansprucht, als Bühne einnimmt und uns von ihm trennt. Wir stehen im Zuschauerraum, vor sechzehn meist großformatigen (120x90cm) Papierbögen, den Protagonisten des gedachten Films, vor diesen Körpern, die, durch Linien (Fäden) gehalten, und von gezeichneten Linien überzogen, in rätselhafter, elegant schwebender Formation festgehalten, jene geronnene Bewegung vorstellen.
Als ein unbestimmter und unbestimmbarer Organismus, eine Formation von einzelnen körperlichen Elementen, deren zugrundeliegende Mechanismen und Gesetze unbekannt sind und bleiben, tritt Kmetovas Installation auf, getaucht in stark akzentuierendes Licht, das an den Einsatz von Beleuchtung im expressionistischen Film denken lässt. Man ist versucht, eine Choreographie zu vermuten, ein Naturgesetz anzunehmen, das die Organisation der einzelnen Teile, der zu einer Momentaufnahme im Raum fixierten Bögen zueinander, ihren Zustand, erklärte, und somit auch ihre hypothetisch zukünftige Bewegung voraussagbar machte.
Die Zeichnungen – feine und feinste Linien – auf den Papierbögen greifen scheinbar der angenommenen, vermeinten Bewegung vor, den Wellungen und Verwindungen, denen ihre Träger unterworfen sind, verweisen auf das Liniennetz aus Fäden, das ebendiese Träger im Raum fest- und anhält, und lassen an Faltenwürfe, Haarscheitel, an Formationen von Eisenspänen, die durch den Einfluss eines Magneten hervorgerufen werden, denken; sind Notationen, Spuren, Reste einer realen Bewegung, die beendet war, bevor das Schauspiel begann. Sie liefern uns keine Erklärung, keine Gesetzmässigkeiten, Illustrationen oder Formeln, von denen aus sich auf die uns gegenüber befindliche Konstellation schliessen ließe. Einige von ihnen haben das Netz verlassen und finden sich an den Wänden des Zuschauerraumes, dem Ensemble ihrer Artgenossen entkommen oder noch nicht einverleibt. Sie scheinen die eigentlichen Betrachter der Arbeit zu sein, eingeweiht in das Geheimnis um die Möglichkeit der Versöhnung des im Titel enthaltenen Widerspruchs - einer per definitionem körperlosen Einheit selbstbewußt einen solchen zuzusprechen - und diese Versöhnung an und in sich selbst zu erfahren.
Für uns, die wir durch das Betreten des Ausstellungsraumes dieses Spiel zwischen Betrachter und Betrachtetem stören,unterbrechen und einfrieren, bleibt dieses Paradoxon unaufgelöst, ebenso in der Schwebe wie die Papierbögen und die Spuren des Stiftes auf ihnen, rätselhaft kreisend, tänzerisch – der Denkbewegung gleich, mit der es sich dieser Arbeit zu nähern gilt.
M.Pöschl



Darina Kmetova: The Body of the Line

    The Body of the Line is Darina Kmetova‘s first truly spatial site-specific installation. Her previous drawings were revealing complex folds of linear fabric on large sheets of heavy paper. The paper was installed on the wall in a way that denied and deconstructed the tectonics of the wall beneath – creating curls and folds of the medium itself. The paper strongly articulates its shape with torn edges, dissolving the medium and its contents into the real world.
    These principles were taken to the next dimension in The Body of the Line. The curly torn drawings are installed in the space, each attached to a rectangle of thin white strings, thus embodying latent invisible walls within the vaulted space of the MAM Gallery. Each of the 16 leafs of papers with Darina‘s drawings rests on its own string rectangle, each rectangle spreads 8 strings attached to the walls, floor and vault, never interfering with any other string or paper. The seeming randomness of the anchor strings yet again resembles of the blurriness of the piece‘s verges. Although independent, the leafs of the heavy curly paper are fluently orienting themselves around an epicenter of an invisible frozen gentle explosion.
    The 5x4x3m large installation was entirely precisely pre-calculated for the specific gallery space and its given obstacles. 64 white strings with exact lengths are attached to exactly located 140 anchor hooks in the walls, floor and vault. The strings are bundled into groups of 4, creating 16 fishernet-like node rectangles with 90x60 cm and 120x90 cm drawings attached to them. To make a dense structure possible to install, it was pre-built loose allowing people to walk in and only at the end the strings were tightened, making the final result eventually appear at once.

Jan Pernecky


Für gewöhnlich bleibt die Zeichnung ein Zwischenmedium. Sie dient der Fokussierung in eine mehrdimensionale Ausrichtung.

Als  Basis der technischen und formalen Qualität eines Gegenstands, verharrt sie oft auf dieser hilfsdienlichen Vorstufe.

Während es vorkommt, in der Skizze mit nüchternem Gestus die Aufgabe der Zeichnung befriedigt zu sehen,kann zu einer anderen Zeit die Tiefe der zeichnerischen Handlung überhand nehmen.
Überwältigt von der Sinnlichkeit der Materie, wird dieses Detail zur Wahnsinnserfahrung, zum überflutenden, alles umfassenden Thema.

Haben ehedem die Finger den Strich geführt, beugt nun die Linie die Hand. Das naive Papier und die unbesorgte Linie werden zum

Ausdruck einer Abhängigkeit, und bekommen im Gegenzug künstlerischer Formgebung, ein körperliches Selbst.

Darina Kmetovas Rauminstallationen sind dementsprechend weniger ein künstlerischer Eigenakt, als das Ergebnis einer intensiven

Beziehung.

__Stanislaus  Medan
 2014 ausstellungstext_
 Körper der Linie , roomnoberOne,Mario Mauroner Conterporary Art,W.



  auf der spurensuche von  Stanislaus  Medan

Frei scheinen die großen Blätter an einer Stelle zu schweben
rollend und gähnend - vormals ziemliche Banden -
zerissen aus einem bewusst gegebenen Inneren.
Nun gleiten ihre sanften Rücken durch die Leere auseinander.
In ihrem wogenden Rollen laufen die Linien weich
in ihrem Sein verweilend,
und reizen die zersetzenden Geraden, die sie in Höhen tragen.
Aus aller Wölbungen Schatten, der Dringlichkeit der Geraden, und der
Sinnlichkeit der Linien entsteht das jeweils eigene des jeweiligen Ortes.
Die Spurensuche der Formen ist ein Gewahrwerden ihres Gefühlsfeldes.
Vielmehr als einer ästhetischen Ursprungserzählung,
als welche sie schnellhin verstanden werden könnte, entspricht Darinas Arbeit
der Aufnahme eines komplexen Moments der Innerlichkeit
zwischen laokoonischer Spannung und sanftmütiger Kontemplation.









sie ist wie ihre Haut.Ihre Haut ist wie ihre Kunst.Alle drei sind das Dispositiv der Sanftheit,in welchem immer das vorhergehende das zurückliegende in sich aufnimt.So ist  ihre Haut wie gepolsteres Papier  und die Zeichnungen wie Auslagerungen der papierenen Fingerspitzen. Ein bisschen Zucker in allem  kurz bevor es ganz verblasst, ein bisschien zucken, eine kurze Überdosis -eine Regung, die einem Muttermal gleichkomt.Dabei wird all dies bisschen zu einer heilen Spreizung , die nichts scheut, das Innenliegende bloss zu legen.-das feine Klaffen

 _Stanislaus Medan_zum zeichnerischen um graphischen arbeiten


 






 _Ö1 talentbörse _Blatt No.4_

  >> Atlas der Berührungen ist eine  aus zwölf Blättern  bestehende Serie, die als Unikadrucke produziert wurden.Die Beschäftigung mit dem Körperlichen, insbesondere mit der Haut in ihrer grafisch-sinnlichen Erscheinung begleitet mich, prägt sich in meine Arbeiten ein und lässt diesen Bedeutung(er)wachsen.<<


      Das Blatt No.4.ist eine Ätzradierung, die in einer feinen Linie ausgeführ ist.Zwei Hände streifen einer  dritten ein Bändchien 

über.
    Oder ist es eine Kontur, die nur noch an reduziertes Bilddeteil  erinnert?
    Das  nüchterne Schwarz der Linien im Leeren steht in bemerkenswerter Ambivalenz zum vermeintlich Spiel der Geste und lässt  so Fragen entstehen wie:
    Welche Geschichte geht dem Momentanbild voraus? Welche Gefühlswelt beschreibt die Radierung?
    Antwortet gilt es aber  keine. All das wird offengelassen in dieser Radierung, die sich auch im Still nur auf das Notwendigste beschränkt und die Interpretation, das Erfinden einer Geschichte rundherum, völlig den Betrschter/innen überlässt. 

_Ö1 talentbörse,  text zum Grafik des Monats April 2013_ 



 






“Körper, Haut, Gestik, Sensorik  die Berührung der Hand und ihr Tun sowie der menschliche Körper sind Themenbereiche in meinen zeichnerischen und druckgraphischen Arbeiten. Es ist  die Sprache der Sinne, das Gefühl des Begehrens.

_text zu ausstellung ,,Haut " VBKÖ, Wien








_nah.sicht
(nahsicht_fernsicht )

Die Existenz einer Intimität bedingt durch die Annäherung an eine   bestimmte Ferne.  So sind assoziative Eckpunkte - Nähe und Distanz - geschaffen.
Eine sich in Kreisen entwickelnde Geschichte  hinterlässt  demnach  nur Spuren der Verbundenheit: Linien, Zeichen, Bedeutungen.
Eine innere Topografie,  wo die Sinne erspürend verorten.

Meine Arbeit  ist  zweiteilig, wobei sich der erste Teil wiederum in drei Ebenen gliedert und die Betrachtungsweise aus der Nähe ist. Damit ist der  Titel  meiner Arbeit  gemeint: Nahsicht.
Eine archivartige Situation, in der man sich über die Zeichnungen beugt, sie liest, fast taktil  mit dem Auge betrachtet (Nahesehen, taktiles Sehen), um die Feingliedrigkeit, die detaillierten Zusammenhänge wahrzunehmen.
Neben  dem ersten Teil (präsentiert auf drei Tischen)  Neben dem ersten, auf drei Tischen präsentierten Teil,  , der verschiedene Ausdruckformen eines Grundgefühls und meine zeichnerische Entwicklung zeigt, ist der zweite Teil schließlich eine Weiterentwicklung über die Nahsicht hinaus  zu einer Fernsicht.
In diesem Teil der Arbeit löst sich die Zeichnung aus ihrer reinen Zweidimensionalität und bekommt installativen Charakter.
Die Nahsicht wird durch die zusätzliche Dimension dabei teilweise unmöglich, das kann als Erweiterung oder sogar als bewusster Bruch innerhalb der gesamten Arbeit aufgefasst werden.

Dieser Entscheidung liegt keine konzeptuelle Herangehenweise zugrunde, vielmehr entwickelte sie sich als letzte Konsequenz  im Arbeitsprozess, welcher grundlegend von Intuition und Assoziation geprägt ist.
Ein mit solchen Aspekten spielender Blick ermöglicht einen gleich bleibenden Duktus, der dennoch stets andere, neue Formen und Wahrnehmungsmöglichkeiten erschafft.
Die drei Tische zeigen einen exemplarischen Auszug meiner  Arbeit, die ich in einer sich über mehrere  Jahre ziehenden Formfindung entwickelt habe, wobei die Präsentation auf den Tischen exakt  geplant ist und einen wesentlichen Teil der Arbeit  darstellt.
Die Collagearbeiten dienen dem als vorangestellter Aspekt, indem sie, noch fast  gänzlich zweiflächig, in der Überlagerung verschiedener Ebenen aus  einer Tradition der  klassischen Zeichnung heraustreten, die der reinen Fläche in Sinne einer ,,ganzen,, autonomen Arbeit verhaftet ist.
In diesem Zusammenhang  stellen die Zeichnungen am zweiten Tisch den Ausgangspunkt dar. Sie sind vergleichsweise klassisch in Form und Inhalt.
Die zwei schachtelartigen Mappen sind dabei  gewissermaßen Vorgänger  des installativen,: Raum umfassenden  Teils der Arbeit. Das Papier   bekommt  nun zusehens über  seine  Funktion als bloßer  Bedeuungsträger hinaus einen  eigenen, dreidimensionalen Formausdruck. Prägungen,  Transparenzen, Beschneidungen, Falzungen  bis hin zu einer souveränen Umschließung mehrere  Ebenen durch  andere   lassen eine Konkurrenz  und Prioritätensetzung sowie eine intensive Erforschung  und  wiederholte  Hinterfragung des  vorliegenden Materials auf technischer, intuitiver und inhaltlicher Ebene erkennen.
Mein Anspruch auf Ganzheit kommt im Zusammenspiel der Teile meiner Diplomarbeit zum Ausdruck.
Die Ergebnisse meiner Beschäftigung mit der  Linie und ihrem direktesten Bezugspunkt, dem Papier, kann formal  als Bogen betrachtet werden, der subtil und zurückhaltend   beginnt, und schließlich zu  einem radikalen  Endpunkt  führt.

_diplomarbeit  akademie der  bildenden künste wien, 2013_




 



darina kmetova visualisiert in ihrer Arbeit eine intensive Auseinandersetzung mit der Linie, die sie subtil, experimentell und sensuell einsetzt. 
Ihre bevorzugte Technik ist der Tiefdruck. Eine zeitintensive, aufwändige, körperlich herausfordernde Technik, die ein sehr präzises Arbeiten erfordert und es gleichzeitig ermöglicht die Feinheit der Linie umzusetzen.
Ein zirkuläres Abtasten der immer wieder kehrenden, teils figurativen, teils abstrakten Sujets, sowie der konstante Einsatz aufwändiger drucktechnischer Verfahren, verleihen ihrer Arbeit – trotz der flirrenden, sensiblen und subtilen Sujets – stets kräftigen
und eindringlichen Charakter.







in meinen intimen arbeiten beschäftige  ich mich mit dem thema nostalgie und der sehensucht nach dem vergangenen und verlorenen. es sind collagen aus eigenen(gedruckten) zeichnungen und dazu passenden motiven wie tapetenstreifen oder  ausschniten aus anderen druckgrafiken, die eine landschaftsansicht einer längst vergangenen zeit zeigt.diese elemente verweisen auf die themen 
,,zu hause" und ,,schutz".
der bildträger ist ein vorgefundener karton, in dem üblicherweise am markt obst  verkauft wird.dieses scheinbar fragile aber  dennoch haltbare behältnis wird zum bildträger, zu einem kleinen raum -zur nische -zu einer behausung, in der sich kleine zarte collagen befinden.
meine bevorzugte technik ist tiefdruck.es ist eine zeitintensive, aufwändige technik, die ein sehr präzises arbeiten erfordet und körperlich  herusfordernd ist.im vordegrund der arbeit steht die intensive beschäftigung mit den technischen grundlagen des tiefdrucks, die ich werkgetreu, subtil und zugleich experimentel in richtung collage und objekt einsetze. 
_text aus dem katalog Salz der Heimat_ Internationales Symposium Bildkunst 2010_



 Darina Kmetova beschätigt sich mit Druckgrafik und Zeichnung.Arbeitet mit Unikatdrucken  und Instalativen  Elementen bis hin zu Reliefmonotypien. Ein zirkuläres  Abtasten der immer wieder  kehrender  teils figurativen, teils abstarkten Sujets sowie der konstante Einsatz aufwändiger drucktechnischer Verfahren, verleihen ihrer Arbeit trotz der flirrenden, sensibilen und subtilen Sujets, stets kräftigen und  eindringlichen Charakter......



   _FRAGMENTS Akademie der bildenden Künste Wien_





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